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TECHNOLOGIE & TRANSFORMATION VON FOSSILEN UND GRÜNEN ENERGIETRÄGERN TECHNOLOGY & TRANSFORMATION OF FOSSIL AND GREEN ENERGIES
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Quelle: Shutterstock / Blue Spruce Media

Regierung setzt auf Tempo bei der Geothermie

Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Entwurf des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes vorgelegt. In der Branche stößt der Entwurf nicht nur auf Zustimmung.

Das Bundeskabinett hat den Entwurf des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes (GeoBG) beschlossen. Im Zentrum des Gesetzes aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) steht die Einordnung von Geothermieanlagen, großen Wärmepumpen und Wärmespeichern als Vorhaben von „überragendem öffentlichen Interesse“ – eine Einstufung, die bereits bei Windenergie- und PV-Anlagen Anwendung findet. 
Ziel ist, Genehmigungen für Wärmeprojekte, die Erdwärme, Wasser, Abwasser oder industrielle Abwärme nutzen, schneller zu ermöglichen. Unter anderem sollen Anträge künftig digital eingereicht werden können, Genehmigungen für Betriebspläne binnen eines Jahres erfolgen und Projektmanager als feste Ansprechpartner benannt werden. Diese Instanz unterstützt Behörden im Genehmigungsprozess, trifft jedoch keine Entscheidungen. Vergleichbare Rollen bestehen bereits im Bundesimmissionsschutzrecht. Schweigen Behörden innerhalb der Frist von einem Monats, darf dies laut Entwurf als Zustimmung gewertet werden – ausgenommen sind wasserrechtliche Genehmigungen.
Neu ist auch die Beschleunigung beim Bau von Fernwärmeleitungen. Leitungen zur Wärmeverteilung vom Erzeuger zum Verbraucher sollen künftig in gleichem Maße wie Energieversorgungsleitungen für Strom, Gas oder Wasserstoff behandelt werden. Für die Bundesregierung ist der Fernwärmeausbau ein zentraler Hebel zur Dekarbonisierung der Wärmenetze.
Insgesamt soll das Genehmigungsverfahren durch Digitalisierungspflichten und strukturierte Vollständigkeitsprüfungen standardisiert werden.

Branchenverband sieht Nachbesserungsbedarf

Der Bundesverband Geothermie (BVG) bewertet den Kabinettsbeschluss als Signal für eine zukunftsgerichtete Wärmeversorgung. Geschäftsführer Gregor Dilger sieht in der neuen Einstufung von Geothermieanlagen eine „erhöhte Investitionssicherheit“ für Stadtwerke, Bürger und Investoren. Die im Gesetz vorgesehenen Fristsetzungen und Verfahrenserleichterungen seien geeignet, Projekte zügiger umzusetzen.
Dilger mahnt jedoch, dass die Umsetzung in der Praxis auch ausreichend behördliche Kapazitäten erfordere. Die Bundesregierung solle außerdem das angekündigte Absicherungsprogramm für das Fündigkeitsrisiko rasch umsetzen, um die Finanzierungslücke bei Tiefengeothermieprojekten zu schließen.
Auch hatte der Verband bereits im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses gefordert, Geothermieanlagen im Außenbereich baurechtlich zu privilegieren, spezielle Beschleunigungsgebiete auszuweisen und geeignete öffentliche Flächen bevorzugt für Geothermie bereitzustellen – analog zur Windenergie. Eine Forderung, die auch aus weiteren Branchenverbänden zu hören ist. Kritik äußert der Verband an der weiterhin bestehenden Regelung, wonach auch bei Bohrungen ab 100 Metern geprüft werden müsse, ob ein Endlagerstandort möglich sei. Diese Grenze sei aus Sicht des BVG technisch nicht nachvollziehbar und erschwere selbst kleine Projekte wie Erdwärmeanlagen für Einfamilienhäuser.

Potenziale der Bioenergie besser nutzen

Deutlich kritischer bewertete das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) den aktuellen Entwurf. Das HBB erkennt zwar positiv an, dass neben Wärmespeichern auch Wärmeleitungen ins Gesetz aufgenommen wurden. Es sieht aber noch erheblichen Nachbesserungsbedarf. „Das GeoBG kann zur Hebung großer erneuerbarer Wärmepotenziale beitragen und die Wärmewende beflügeln", sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros. „Doch dafür müssen die Potenziale der Bioenergie gezielter berücksichtigt werden."
Konkret fordert das HBB eine Flexibilisierung von Biogasanlagen, die vollständige Nutzung holzartiger Biomasse und eine beschleunigte Genehmigung von Wärmenetzen. Für Letzteres regt Rostek unter anderem eine Anhebung der Schwellenwerte für die Vorprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung an. Zudem plädiert sie für einen neuen Privilegierungstatbestand im Baurecht, um Wärmespeicher an Biogasanlagen leichter realisieren zu können. Diese seien laut HBB notwendig, um Strom- und Wärmeerzeugung zeitlich zu entkoppeln. Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) unterstützt diese Forderungen. Die Wärmewende gelinge nur mit technologieoffenen Regelungen, klaren gesetzlichen Definitionen und einer verlässlichen Finanzierung für Erneuerbare-Wärme-Projekt, heißt es seitens des BEE.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht im GeoBG einen wichtigen Schritt zur Stärkung klimaneutraler Wärmequellen, fordert jedoch Nachbesserungen, insbesondere beim Schutz der Trinkwasserressourcen. 

VKU mahnt rechtliche Klarstellungen an

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht in dem Gesetzentwurf zahlreiche Maßnahmen, die den Ausbau der Geothermie deutlich beschleunigen könnten. Er befürwortet unter anderem die festen Fristen, digitalen Prozesse und die Einführung von Ansprechpartnern in Behörden. Ergänzend schlägt der VKU bundeseinheitliche Handbücher und Leitfäden für innovative Wärmetechnologien vor.
Für wasserrechtliche Fragestellungen regt der VKU die Schaffung eines Projektmanagements an, das auch wasserwirtschaftliche Vorhaben koordinieren soll. Gleichzeitig fordert der Verband rechtliche Klarstellungen zum Schutz der Wasserversorgung. Vorranggebiete für die Trinkwassergewinnung sowie Wasserschutzgebiete sollten vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen werden, um Nutzungskonflikte zu vermeiden.

Tiefengeothermie
Artikel von Susanne Harmsen und Davina Spohn
Artikel von Susanne Harmsen und Davina Spohn