EN | EN
TECHNOLOGIE & TRANSFORMATION VON FOSSILEN UND GRÜNEN ENERGIETRÄGERN TECHNOLOGY & TRANSFORMATION OF FOSSIL AND GREEN ENERGIES
TECHNOLOGIE & TRANSFORMATION VON FOSSILEN UND GRÜNEN ENERGIETRÄGERN TECHNOLOGY & TRANSFORMATION OF FOSSIL AND GREEN ENERGIES

WPC-Präsidentin Burcu Gunal auf dem Podium der ÖGEW/DGMK-Herbsttagung. Quelle: Klaus Fischer

Energiespeicher als Schlüsselfaktor für Versorgungssicherheit

Nur mit Speichersystemen unterschiedlichster Formen lässt sich die Energiewende meistern, hieß es bei der Herbsttagung von ÖGEW und DGMK in Wien. 

Bei der Herbsttagung der Österreichischen Gesellschaft für Energiewissenschaften (ÖGEW) und der Deutschen Wissenschaftlichen Gesellschaft für nachhaltige Energieträger, Mobilität und Kohlenstoffkreisläufe e.V. (DGMK) in Wien waren die anwesenden Fachleute einig: Speichersysteme in unterschiedlichsten Formen sind für das Gelingen der Energiewende im Allgemeinen und für die Versorgungssicherheit im Besonderen unverzichtbar.

Burcu Gunal, die Generaldirektorin von WPC Energy (vormals World Petroleum Council), konstatierte in ihrem Vortrag, die Energieversorgung der Welt sei in einem grundlegenden Wandel begriffen, der sich gerade auf die Versorgungssicherheit gravierend auswirke. Neue Technologien kämen mit ungeahnter Geschwindigkeit auf den Markt. Die erneuerbaren Energien hätten 2024 einen „Rekordausbau“ verzeichnet – ebenso wie der Bedarf an Öl, Erdgas und Kohle, aber auch die Nachfrage nach Strom aus Kernkraftwerken. „Die Herausforderung besteht darin, die Versorgungssicherheit mit den Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen, die erneuerbaren Energien in die Netze zu integrieren, ohne deren zuverlässigen Betrieb zu gefährden und die Flexibilität der Systeme zu erhöhen, um mit den extremen Volatilitäten zurande zu kommen“, betonte Gunal. Damit aber würden Speichertechnologien, die Digitalisierung und die dezentrale Erzeugung zu Schlüsselfaktoren für das Gelingen der Energiewende. 

Insbesondere die Speicher entwickeln sich laut Gunal mehr und mehr zum „Rückgrat“ der Energiesysteme. Ohne Speicher verzögert sich der WPC-Generaldirektorin zufolge die Dekarbonisierung, ihre Kosten steigen, und die Verlässlichkeit der Versorgung nimmt ab: „Mit Speichern dagegen können wir Nachfrage und Angebot sowie Volatilität und Zuverlässigkeit miteinander vereinen.“ Mehr denn je ist dafür freilich die Koordination zwischen Politik, Finanzierung und Technologie erforderlich, stellte Gunal klar. Denn die Sicherheit der Energieversorgung beruhe auf grenzüberschreitender Zusammenarbeit, transparenten Märkten und Wissensaustausch. „Energiespeicher sind keine lediglich unterstützende Technologie mehr“, betonte Gunal: „Sie bieten die nötige Flexibilität, um Gesellschaft und Wirtschaft zuverlässig mit Energie zu versorgen.“ 

Wasserstoff in Erdgasspeichern 

Ähnlich argumentierte Elisabeth Zehetner, die für Energiepolitik zuständige Staatssekretärin im österreichischen Wirtschaftsministerium (BMWET), die der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) angehört. Ihr zufolge setzt Österreich seit Jahrzehnten vorwiegend auf leistungsstarke Pumpspeicherkraftwerke in den Gebirgsregionen im Westen und Süden des Bundesgebiets. Zunehmend gewännen aber auch andere Technologien an Bedeutung. Die Regierung plane verstärkte Anreize für kleine Speicher. Beispielsweise sei vorgesehen, Photovoltaikanlagen künftig nur noch zu fördern, wenn deren Betreiber auch Stromspeicher installierten. Mit dem kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) wiederum würden netzdienlich betriebene Speicher von den Netztarifen befreit: „Wir müssen die Stromspeicher für die Entlastung der Netze nutzen. Es darf nicht sein, dass speziell kleine Speicher bereits um 9 Uhr morgens voll aufgeladen sind und für die Kompensation der ‚Mittagsspitze‘ bei der Erzeugung nicht mehr zur Verfügung stehen.“ 

Bei Erdgasspeichern verfügt Österreich über eine Kapazität von rund 100 Milliarden kWh, was den heimischen Gasbedarf von knapp 80 Milliarden kWh deutlich übersteigt. Künftig wird es laut Zehetner erforderlich sein, diese Volumina auch für die saisonale Speicherung von (grünem) Wasserstoff zu nutzen. Vielversprechende Pilotprojekte seien im Gang, konstatierte die Staatssekretärin: „Und wir als Bundesregierung arbeiten an den Rahmenbedingungen für Wasserstoff als Energiespeicher.“ Dies betreffe das geplante „Erneuerbares-Gas-Gesetz“ (EGG) ebenso wie die im Entstehen begriffene Wasserstoff-Importstrategie.

Innovative Projekte 

An Beispielen für Pilotprojekte im Bereich neuer Speichertechnologien ist in Österreich kein Mangel. Seit etwa zehn Jahren befasst sich etwa die Rohöl-Aufsuchungs-Gesellschaft (RAG) mit der Nutzung von Erdgasspeichern zur saisonalen Einlagerung von Wasserstoff, berichtete Markus Pichler, der zu ihren diesbezüglichen Fachleuten zählt. Mit dem heuer abgeschlossenen Projekt „Underground Sun Storage 2030“ gelang es der RAG, den Nachweis der technischen Machbarkeit saisonaler Wasserstoffspeicherung in ausgeförderten Gaslagerstätten zu erbringen. Ein von der EU gefördertes Projekt mit der Bezeichnung EUH2STARS ist laut Pichler angelaufen. Dieses dient dazu, die Technologie weiter zu verbessern und zur industriellen Reife zu bringen. „Im Wesentlichen sind wir bereit für die kommerzielle Wasserstoffspeicherung“, versicherte Pichler. 

Die Wien Energie wiederum arbeitet an der Entwicklung eines skalierbaren Erdbeckenspeichers, der das Unternehmen bei der Dekarbonisierung der Fernwärme unterstützen soll. Laut der zuständigen Referentin Marieluise Pöschko-Reinweber geht es dabei letztlich um ein Speichervolumen von bis 500.000 Kubikmetern. Gespeichert werden soll Wasser mit einer Temperatur von bis zu 95 Grad Celsius. Der Bau einer Pilotanlage mit 40.000 Kubikmetern Volumen, 20 MW thermischer Leistung und einem Energiegehalt von rund 2.000 MWh am Standort des Gaskraftwerks Wien-Donaustadt soll vorbehaltlich der unternehmensinternen Genehmigung 2026 beginnen und 2029 abgeschlossen werden. Zu den besonderen Innovationen gehört ein schwimmender „Deckel“ des zylindrischen, in den Erdboden eingelassenen Speichers, der begehbar ist und auf dem Visualisierungen zufolge PV-Module installiert werden könnten. 

Netze entscheidend 

Unverzichtbar sind Energiespeicher auch für den zuverlässigen Betrieb der österreichischen Übertragungsnetze, betonte Kurt Misak, der Leiter der Abteilung Versorgungssicherheit und operative Energiewirtschaft der Übertragungsnetzgesellschaft Austrian Power Grid (APG). Ihm zufolge dominieren derzeit Pumspeicherkraftwerke mit einer Turbinenleistung von insgesamt etwa 9.000 MW und einer Pumpleistung von 4.300 MW. Ihr stehen volatile Erzeugungskapazitäten von rund 13.800 MW gegenüber, davon PV-Anlagen mit 9.500 MW und Windparks mit 4.300 MW. Diese sind im Wesentlichen im Nordosten Österreichs konzentriert, wohingegen sich die Pumpspeicher Westen und Südwesten des Landes befinden. 

Die Kapazität der Übertragungsleitungen zwischen Ost- und Westösterreich liegt laut Misak bei rund 3.000 MW. Sie müsse dringend erhöht werden, insbesondere, da vorgesehen ist, die Leistung der PV-Anlagen bis 2040 auf rund 41.000 MW zu steigern, jene der Windparks auf 12.000 MW. Die APG investiere daher bis 2033 rund 9 Milliarden Euro in die Erweiterung und Ertüchtigung ihrer Netze. „Letzten Endes wird das Gelingen der Energiewende im Stromnetz entschieden“, betonte Misak. 

 

Unternehmen
Artikel von Klaus Fischer
Artikel von Klaus Fischer